Gemeinderatswahlen 2024: Wahlbündnis Bürgerlich-Grün-Mitte

«Für uns gibt es keinen anderen Weg, einen Sitz zu holen. Wir sind fast gezwungen, mit den anderen Parteien einen Block zu bilden», erklärt Michael Hoekstra, Präsident der GLP Stadt Bern. Hier die wichtigste Fragen und Antworten zum Wahlbündnis.

Was wurde entschieden?

Die Mitgliederversammlung der GLP Stadt Bern hat auf Antrag des Sektionsvorstands mit 36 Ja zu 11 Nein bei 1 Enthaltung beschlossen, bei den Stadtberner Gemeinderatswahlen im November 2024 auf einer gemeinsamen Liste mit je einer Kandidatin/einem Kandidaten von GLP, EVP, Mitte, FDP und SVP anzutreten. Dieses Wahlbündnis ist unter den Bezeichnungen “BGM” (Bürgerlich-Grün-Mitte) und “Gemeinsam für Bern” bekannt.

 

Der Entscheid der Mitgliederversammlung ist an folgende Bedingungen geknüpft:

  1. Alle fünf Parteien machen bei dem Bündnis mit. Der Entscheid der EVP fällt Mitte Februar.
  2. Die SVP nominiert als Kandidaten Stadtrat Janosch Weyermann. Siehe Interview vom 27. Januar in der Hauptstadt.
  3. Die GLP bekommt den ersten Listenplatz.

 

Die Grünliberale Partei Stadt Bern schuldet es ihren Wählenden, den Anspruch auf den Sitz in der Stadtregierung mit vollen Kräften geltend zu machen», sagt unsere Nationalrätin Melanie Mettler gegenüber der «Hauptstadt».

Melanie Mettler
Nationalrätin, Vize-Präsidentin Grünliberale Partei Schweiz

Welche Alternativen hätte es gegeben?

Ausgangslage: Der Gemeinderat der Stadt Bern besteht aus fünf Personen. Er wird im Proporzverfahren nach Hagenbach-Bischoff gewählt. Listenverbindungen sind nicht zulässig. Das Hagenbach-Bischoff-Verfahren bevorteilt grosse Bündnisse deutlich. Das Hagenbach-Bischoff-Verfahren ermöglicht es, dass das machthabende Bündnis RGM (Rot-Grün-Mitte, also SP, Grünes Bündnis und GFL) mit 63 Prozent Wähleranteil 80 Prozent der Gemeinderatssitze besetzt. (Nicht alle Parteien, die an den Stadtratswahlen beteiligt waren, nahmen auch an den Gemeinderatswahlen teil. Bei den Stadtratswahlen erreichte RGM sogar nur 54 Prozent der Stimmen.)

 

Die GLP Stadt Bern hat in den vergangenen Monaten diverse Wahlbündnisse ausführlich erwogen, durchgerechnet und mit den anderen Parteien diskutiert. Das Ergebnis ist, dass es in der gegebenen Ausgangslage kein anderes erreichbares Wahlbündnis gibt, welches für die GLP intakte Aussichten auf einen Einzug in den Gemeinderat bietet.

 

Die Alternative zu BGM wäre also, dass die GLP auf einen Einzug in den Gemeinderat verzichtet, obwohl sie in der Stadt Bern die drittgrösste Partei und die grösste Oppositionspartei ist.

Würden wir nicht bei BGM mitmachen, würden Mitte, FDP und SVP eine Allianz bilden. Diese würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Sitz holen, der auf eine dieser Parteien fallen würde.

 

Die Alternative zu BGM wäre, dass wir Grünliberale von vornherein auf einen Einzug in den Gemeinderat verzichten - als drittgrösste Partei der Stadt Bern.

Marianne Schild
Grossrätin Grünliberale Kt. Bern

Welche inhaltlichen Übereinstimmungen gibt es auf der BGM-Liste?

In der Stadt Bern setzen sich EVP, GLP, Mitte, FDP und SVP zusammen für folgende Ziele ein:

 

  • Die Finanzpolitik der Stadt Bern muss wieder nachhaltiger werden. Wegen der unseriösen Finanzpolitik von RGM steigt die Verschuldung massiv. Bei den Ausgaben ist keinerlei Zurückhaltung zu spüren; eine Unterscheidung zwischen need-to-have und nice-to-have findet immer weniger statt. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es wieder zwei Nicht-RGM-Vertreter:innen im Gemeinderat, denn die 4-zu-1-Mehrheit von RGM hat zur Folge, dass finanzpolitische Argumente nicht genügend zur Geltung kommen. Durchmischte Teams produzieren tragfähigere Lösungen.
     
  • Die Bevölkerung der Stadt Bern soll angemessen in der Regierung vertreten sein. Dies ist heute nicht der Fall, RGM ist mit vier Sitzen klar übervertreten. Rund 40 Prozent der Stimmen sind nicht in der Regierung vertreten. Grund dafür ist insbesondere das Stadtberner Wahlsystem, welches grosse Allianzen systematisch bevorteilt und von RGM durch alle Böden verteidigt wird. Dieses Machtkartell lässt sich nur durch eine gemeinsame Liste der Oppositionsparteien von Mitte-Rechts aufbrechen.
     

Diese Ziele sind in der Stadt Bern von hoher politischer Relevanz.

 

Die BGM-Parteien stehen dazu, dass es weitere Themen gibt, bei denen unter den fünf Parteien kein Konsens herrscht. Dass es bei diesen Themen andere Mehrheiten gibt, wird gegenseitig akzeptiert. Die GLP wird sich diesbezüglich in der Wahlkampagne und in ihrem Stimmverhalten nicht verbiegen, sondern konsequent für ihre grünliberalen Inhalte stehen.

Was ist das Fazit der GLP zum Bündnis?

BGM ist nicht unser Wunschszenario. Als GLP Stadt Bern hätten wir eine Wahlallianz bevorzugt, die Aussicht auf einen Sitz bietet und weniger Erklärungsbedarf aufweist. Wir nehmen ernst, dass die Wahlallianz bei einem Teil unserer Mitglieder und Wählenden Verunsicherung ausgelöst hat, und legen darum unsere Überlegungen ausführlich dar.

 

  • Priorität 1 hatte eine Anpassung des Stadtberner Wahlsystems zum Proporzverfahren nach Sainte-Laguë. Dieses bevorteilt nicht grosse Bündnisse, sondern gewichtet jede Stimme gleich (sog. optimierte Erfolgswertgleichheit). Diese Anpassung hat die RGM-Mehrheit im Berner Stadtrat unterbunden.
     
  • Priorität 2 hatte eine Liste mit den anderen Parteien aus dem politischen Zentrum, also GLP-EVP-Mitte. Dieses Bündnis kommt nicht zustande, weil die Mitte ein Bündnis ohne FDP und SVP ablehnt.
     

In Anbetracht der Ausgangslage, insbesondere des Wahlsystems, und der Verhandlungsergebnisse mit den anderen Parteien ist BGM das beste Wahlbündnis, was erreichbar war. Wir sind insbesondere überzeugt, dass es für das Ziel, einen Sitz im Gemeinderat zu holen, die beste Lösung ist. Zudem spricht die Tatsache, das dieses Jahr drei von fünf Sitzen im Gemeinderat neu besetzt werden, dafür, jetzt ein breites Bündnis einzugehen, damit die RGM-Übervertretung beendet werden kann. Eine Erfolgsgarantie gibt es natürlich nicht. Das Bündnis ist aber durch die speziellen aktuell in der Stadt Bern vorherrschenden Verhältnisse begründet. Es ist nicht die Standard-Allianz der GLP.

 

Lassen Sie uns über Inhalte und Parteiprogramme sprechen, anstelle irreführender Slogans. Bern verdient eine Regierung, die die Vielfalt ihrer Bürgerinnen und Bürger widerspiegelt.

Irène Jordi und Michael Hoekstra
Vize-Präsidentin und Präsident GLP Stadt Bern